Rhätische Bahn
Geschrieben von joschma   
Donnerstag, 11. Juli 2002
logo rhb.gifDie Rhätische Bahn (RhB), (ital. Ferrovia retica, rätoromanisch Viafier retica) ist eine Schmalspurbahngesellschaft im Kanton Graubünden in der Schweiz. Von der Rechtsform her ist die RhB eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Chur. Das Aktienkapital halten der Kanton Graubünden (51 %) und der Bund (43 %), rund 6 % sind im Streubesitz (Gemeinden und Private).

Die RhB verfügt über ein ausgedehntes meterspuriges Streckennetz mit einer Länge von 384 Kilometern und gilt mit ihren vielen Tunnels und Viadukten, durch die sich harmonisch in die Landschaft einfügen, als eine der landschaftlich schönsten Eisenbahnen Europas.
Webcam Landwasserviadukt

Geschichte

Der Bau der Rhätischen Bahn geht auf die Initiative des Niederländers Willem-Jan Holsboer zurück. Dieser war der Hauptinitiator der Eisenbahnlinie von Landquart nach Davos, der ersten Linie im Streckennetz der späteren RhB.

Am 7. Februar 1888 wurde auf Initiative Holsboers hin die Schmalspurbahn Landquart–Davos AG (LD) gegründet. Ursprünglich wollte die Gesellschaft von Landquart nach Davos eine Zahnradbahn erstellen, um die Steigungen auf dieser Gebirgsstrecke zu überwinden. Eine Variante mit drei Spitzkehren war ebenfalls im Gespräch. Beide Varianten wurden jedoch aufgrund des Erfolges der zahnrad- und spitzkehrfreien Gotthardbahn verworfen und der Bau einer reinen Adhäsionsbahn mit nur noch einer Spitzkehre beschlossen; diese einzige Spitzkehre befand sich im Bahnhof Klosters und wurde später aufgehoben. Die Anfangs geplante Normalspur konnte aufgrund der beengten Verhältnisse und aus Kostengründen nicht realisiert werden. Der erste Spatenstich erfolgte am 29. Juni 1888.

Schon 1889 konnte der Streckenteil von Landquart nach Klosters und acht Monate später die ganze Strecke bis Davos eröffnet werden.

Aufgrund der weiteren, ebenfalls auf Holsboer zurückgehenden Pläne für eine Expansion der Bahn auch in andere Regionen des Kantons Graubünden, änderte die Schmalspurbahn Landquart–Davos AG im Jahre 1895 ihren Namen in Rhätische Bahn (RhB).

1897 wurde die RhB nach einem Volksentscheid zur bündnerischen Staatsbahn.

In der Folge wurde das Streckennetz zügig erweitert:

    * 1896 Eröffnung der Strecke von Landquart über Chur nach Thusis.

    * 1903 Eröffnung der Albulastrecke von Thusis über Tiefencastel, Filisur und Samedan nach St. Moritz. Ursprünglich sollte die Strecke über den Malojapass nach Chiavenna in Italien verlängert werden.

    * 1904 Eröffnung der Strecke von Reichenau durch die Vorderrheinschlucht (Ruinaulta) nach Ilanz.

    * 1908 Eröffnung der Strecke von Pontresina nach Samedan.

    * 1909 Eröffnung der Strecke von Davos nach Filisur.

    * 1912 Eröffnung der Strecke von Ilanz nach Disentis.

    * 1913 Eröffnung der Strecke von Samedan über Zernez nach Scuol. Pläne für eine Weiterführung dieser Strecke nach Landeck im österreichischen Tirol und von Zernez mit der Ofenbergbahn bis nach Mals in Südtirol wurden nicht mehr verwirklicht. Heute gibt es jedoch wieder Überlegungen, die Linie nach Landeck oder nach Mals im Südtirol zu verlängern.

Die Strecke von Samedan nach Scuol war, anders als die vorher eröffneten Strecken, von Anfang an elektrifiziert. Zwischen 1913 und 1922 wurde das gesamte Stammnetz elektrifiziert. Die Elektrifizierung machte den Zugbetrieb erheblich leistungsfähiger und behob für die Bahn den vor allem durch den Ersten Weltkrieg bedingten Kohlemangel. Als Stromsystem kam die auf dem RhB-Stammnetz bis heute übliche Wechselspannung von 11 kV und 16 2/3 Hz (seit 1995 als 16.7 Hz bezeichnet) zur Anwendung.

1942 übernahm die RhB die Chur–Arosa-Bahn und die Misoxerbahn, 1944 schliesslich auch die Berninabahn, die bis dahin alle selbständig waren.

Während der wirtschaftlich schwierigen Jahre des Zweiten Weltkrieges und bis weit in die Siebziger Jahre hinein geriet die RhB in finanzielle Nöte. Nur mit grosszügigen Subventionen des Bundes konnte sie diese frequenzschwache Zeit ohne Streckenabbau und Bahnhofschliessungen meistern. Zeitweise wurde sogar die Übernahme der RhB durch die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) diskutiert.

Erst als der Bund ab Ende der Siebziger / Beginn der Achtziger Jahre die Subventionen drastisch zu senken begann, besann sich die RhB auf ihre Stärken. Zielstrebig begann sie, ihre attraktive Streckenführung in einer atemberaubend schönen Landschaft touristisch zu vermarkten.

Es wurden attraktive Angebote wie der Glacier-Express, der Palm-Express und der Heidiexpress kreiert, die während des Grossteils des Jahres dank Besuchern aus der ganzen Welt für volle Züge sorgen.

Ausserdem wurden umsatzschwache Bahnhöfe geschlossen oder zu Haltestellen herabgestuft. Die Strecke von Mesocco nach Bellinzona wurde zunächst für den Personenverkehr und mittlerweile auch für den Güterverkehr stillgelegt.

Zusätzlichen Auftrieb erhielt die RhB durch den Bau der Vereinalinie, welche von Landquart über Klosters, durch den im Jahre 1999 eröffneten Vereinatunnel, ins Unterengadin führt. Auf dieser Linie werden nebst Personen vor allem auch PKWs und Lastwagen transportiert, welche sich dadurch die beschwerliche und im Winter gefährliche Fahrt über den Flüelapass ersparen können. 2006 wurden über 500.000 Fahrzeuge durch den Vereinatunnel transportiert.

Das Unterengadin ist durch diesen Tunnel um zwei, im Winter sogar drei Stunden der Kantonshauptstadt Chur und den Zentren des schweizerischen Mittellands, wie Zürich, St. Gallen oder Bern, nähergerückt. Die Frequenzen der grösstenteils vom Bund finanzierten Vereinalinie haben bisher sämtliche Erwartungen übertroffen und dem Unterengadin, vor allem Scuol, einen gewissen wirtschaftlichen Aufschwung, aber auch einen teilweise fragwürdigen Tagestourismus gebracht.

Die wirtschaftlichen Probleme der RhB sind trotz aller Neuerungen jedoch nicht aus der Welt geschafft. Hingegen konnten durch die erwähnten Vorkehrungen die gekürzten Subventionen des Bundes kompensiert werden. 2004 erzielte die RhB jedoch nur noch einen Gewinn von knapp einer Million Franken, drei Millionen Franken weniger als im Vorjahr. Während der Erlös aus den touristischen Personentransporten dank Glacier-Express und Bernina-Express massiv zunahm, gingen im Gegenzug die Einnahmen aus den wichtigen Gütertransporten und aus den Abonnements und Mehrfachkarten zurück.

Seit Dezember 2005 bietet die RhB wie alle anderen Bahngesellschaften in der Schweiz keine Raucherplätze mehr an. Die Bahn erhoffte sich durch diese Massnahme eine Steigerung des Komforts für die Bahnreisenden sowie erhebliche Einsparungen beim Unterhalt.

Am 24. August 2006 beschloss der Verwaltungsrat der Rhätischen Bahn eine Reduktion des Personalbestandes um 145 Mitarbeiter bis Ende 2008. Ein solcher Schritt ist gemäss Auffassung des Verwaltungsrates unerlässlich um den Bestand der Rhätischen Bahn mittelfristig zu sichern. Die dadurch freiwerdenden finanziellen Ressourcen werden dringend benötigt, um die anstehende Sanierung der Trasses (z.B. ist rund ein Drittel der über 150 Brücken sanierungsbedürftig) sicherzustellen und um modernes Rollmatrial anzuschaffen. Der Personalabbau, welcher einer Verminderung des gegenwärtigen Personalbestandes um 10% entspricht und vor allem die Bereiche Werkstätten und Stationspersonal betrifft (von den Stationen Untervaz, Ospizio Bernina und Campocologno wird das Personal abgezogen; für weitere Stationen werden private Betreiber gesucht), wird zwar weitestmöglich ohne Entlassungen erfolgen. Rund 40 Entlassungen sollen jedoch nicht zu umgehen sein.

Am 21. Dezember 2006 wurde in Paris ein Bewerbungsdossier an die UNESCO übergeben mit dem Ziel die Rhätische Bahn in die Liste der Welterben einzutragen. Im Sommer 2008 wird die UNESCO dann über die Aufnahme der «Rhätische Bahn in der Kulturlandschaft Albula/Bernina» in die Welterbeliste entscheiden.

Streckennetz

Die RhB lässt sich geografisch wie betrieblich in mehrere einzelne Strecken aufteilen. Die einzelnen Strecken werden im RhB Strecken Spezial vorgestellt.

Betrieblich ist die RhB unter anderem aus technischen Gründen in vier Bereiche aufgeteilt: StN, ChA, BB und BM. StN ist hierbei das sogenannte Stammnetz, ChA die Linie Chur-Arosa, BB die Berninabahn und BM steht für die Endpunkte Bellinzona und Messocco auf der Misoxer Line.

Während die Bereichstrennung bei der Misoxer Linie insbesondere durch die räumliche Trennung vom gesamten restlichen Netz mehr als offensichtlich ist, liegt die Unterscheidung der anderen drei Bereiche eher im Detail: So unterscheiden sich diese unter anderem durch das Stromsystem, aber auch durch bauliche Variationen zum Beispiel in Bezug auf Kurvenradien. Diese Unterschiede machen allerdings im laufenden Betrieb einige Besonderheiten aus: So können beispielsweise die langen Einheitswagen des Stammnetzes nicht auf den engen Kurven der Berninabahn eingesetzt werden, umgekehrt die Bernina-Triebwagen wegen des Stromsystems nicht auf dem Stammnetz.

Jeweils auf der "Datentafel" die jedes Fahrzeug auf der Seite hat, finden sich die Abkürzungen StN, ChA oder BB für die jeweiligen Netzbereiche, in denen ein Fahrzeug eingesetzt werden kann.